von Reinhard Heinrich
Das hat sich der Generalgouverneur von Sachsen (1813-1814) Fürst Nikolai Grigorjewitsch Repnin-Wolkonski (Bild) vielleicht doch nicht träumen lassen:Russische Volkslieder - vom einsamen Birkenbaum bis "Kalinka", abgewechselt von Robert Schumann und dem (Wilhelm!) Müller, dessen Lust das Wandern war, dann wieder die Polowetzer Tänze aus "Fürst Igor". Ein musikalisches Programm der kompletten deutsch-russischen Romantik in Volks- und Hochkultur erklang auf der Treppe zur Brühlschen Terrasse. Ein besserer Ort hätte es nicht sein können, wenn auch die Treppe seit Jahrzehnten der ganz gewohnte Platz dieser Veranstaltung ist. Und ein besserer Klang auch nicht.
Schließlich hätte es ohne den russische Gouverneur diese Treppe nicht gegeben. Er befahl ihren Bau und beauftragte Gottlob F. Thormeyer mit dem Entwurf. Und beendete damit endgültig, aller Welt sichtbar in Stein erbaut, das Zeitalter des Absolutismus in Sachsen. Das Volk hatte fortan Zugang zu Brühls Eigentums-Terrasse. Merkwürdig, wie ein (aufgeklärter) russischer Fürst Elemente der Demokratie nach Sachsen brachte, statt daß Napoleon Bonaparte als "Sendbote der Revolution" sie von Frankreich her eingeführt hätte. Nein - Thormeyers Repnin-Treppe (oder Repnins Thormeyer-Treppe) ist ein heimliches russisches Denkmal in Sachsen, mit kulturell Bahn brechender Wirkung. Nur recht und billig war es, daß letzten Sonnabend dort die "große russische Seele" in beiderlei Sprachen sang.