Mittwoch, 17. August 2011

Der Rektor, der sich wählen liess

Dr. phil. Lothar Bisky wird heute 70 und alle guten Wünsche sind bei ihm!
von Reinhard Heinrich
Der Jubilar selbst als Gratulant in Dresden  -
zum 60. von  Christine Ostrowski 2005
Es gehört sich einfach, dass man einem anständigen Menschen alles Gute wünscht. Und wir tun es zu diesem Jubiläum um so lieber, als Lothar Bisky sich auch zu uns immer wieder als Mensch, als anständiger sogar, verhalten hat. Das hätte er, wie so viele andere in Positionen wie Parteivorsitz, MdB, Dozent an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, hochrangiger Film-und Fernsehprofessor der DDR (Rektor),  bekanntlich nicht nötig gehabt. So viele verhalten sich "standesgemäss normal". Lothar Bisky verhielt sich - nein, nicht wie einer von uns - sondern immer etwas mutiger - und etwas freundlicher, menschlicher, als er es "nötig" gehabt hätte. Wir schulden ihm Dank!
Er ließ sich von seinen Studenten und Mitarbeitern wählen, als noch die zuständige Kaderkommission der SED über die Nomenklatur glaubte wachen zu müssen. Sein Selbstbewusstsein hatte er wohl schon als  Jugendlicher und mehrfacher DDR-Meister in der Kartoffelernte auf eigene Leistung statt auf  Titel, Geschäftsordnungen, Programme oder Statuten gestellt. Sein Weg führte nicht vom Kreissaal über den Hörsaal in den Plenarsaal. Das Umsiedlerkind aus Pommern musste sich durchbeissen.
Nicht deklamatorischen Verheißungen und Postulate, sondern kluge Fragen und Hinweise sind seine Mittel, andere zum Denken (und Handeln)  zu bringen.
Signierstunde im "Haus des Buches" 2005
Seine Prognose bezüglich seiner Partei lautete 2005:
"„Rückfall in alte Fehler, nein nicht mehr die der SED, aber linker Hochmut. Arroganz und Unversöhnlichkeit gegenüber anderen Linken ebenso wie gegenüber Andersdenken – das ist die Hauptgefahr, die ich gegenwärtig sehe. Was Not tut, das ist die Fähigkeit zur Verständigung. Die PDS kann es schaffen.“
Und da hat er recht gehabt. Wobei das oft nicht reicht, aber immerhin ...
Lothar Bisky ist erst 70. Und da wird es noch viel Gelegenheiten geben, auf ihn zu hören. Wir wünschen ihm, dass viele es tun. Was er zu sagen hat, ist mehr als "Acht Prozent wählen uns immer." Weil er mehr will - für uns alle. Und da hat er einfach Erfolg verdient.

2 Kommentare:

  1. Lothar Bisky ist 70 geworden. Wer ihn kennt, wird wissen, was ihm die Linke in Deutschland zu verdanken hat. Wer ihn nicht kennt, hat etwas verpasst. Er ist vielleicht der einzige Politiker, dem man Glauben schenken kann. Er wurde zweimal Parteivorsitzender als es anders nicht ging. Er hatte sich nicht darum beworben und er hatte sich auch nicht geziert bitten lassen. Nach seinem ersten Rücktritt nannte ihn eine Zeitung den seltsamsten Parteivorsitzenden in Deutschland. Das ist er auch geblieben. Er war nie ein brillanter Redner und absolvierte die entsprechenden Aufgaben auch nicht gerade mit Inbrunst. Er war auch nicht auf Sitzungen versessen aber er war geduldig, weil er wusste, dass sie eben dazu gehören. Er war vor allem ein Zuhörer. Für jedermann. Im Grunde ist er geblieben, was er immer sein wollte, ein guter Lehrer. Und er blieb auch dort, wo er immer sein wollte: bei den Leuten. Da war er hergekommen. Aus einer Kate. Was die Linke betrifft, so hat er wohl einen einzigen Kampf verloren. Allerdings den ihm Wichtigsten, den um eine Kultur. Eine Kultur, frei von Denunziationen und Besserwisserei. Er hat den Demokratischen Sozialismus nicht erfunden und das auch nie von sich behauptet. Aber er hat als Politiker versucht, ihn zu leben. Wenn einer in dieser Partei Ernst gemacht hat mit dem libertären Sozialismus, dann er. Dass es ohne Freiheit keine Gleichheit geben kann und auch gar keine Gerechtigkeit muss man Lothar Bisky nicht erst erzählen. Vielleicht hat seine Partei noch so viel Verstand, um das zu verstehen. Es wäre sonst um sie schade, weil es vor allem ein Schade wäre für diejenigen, die sie brauchen könnten: die Leute, die eher unten sind als oben.

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  2. Bernd, Du sagst es, die Linke hat ihm viel zu verdanken. Und er hat die apostrophierten Ideale auch gelebt!! Lothar gefiel mir von den Linken immer am besten, der hat glatt vergessen gemacht, was wir noch so an Chaoten im Schlepptau haben... Andreas aus Leipzig

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