Dienstag, 24. November 2009

Expertenanhörung zum Kulturpalast im Stadtrat


Das waren die längsten 90 Minuten der Welt, die ich erlebte, sagte mir ein Stadtrat der Grünen im Hinausgehen – sie war doppelt so lang wie sie normalerweise ist – die Expertenanhörung.

Die Empore war proppenvoll, die Sitzplätze langten nicht. Unter ihnen einige bekannte Gesichter – Gunter Just, Heidrun und Waldemar. Mehr leider nicht.

Jede Fraktion stellte einen Experten, der oder die im Nachhinein an die Stellungnahme noch befragt konnte. Es kamen viele Argumente, die in den Zeitungen der letzten Wochen schon nachzulesen waren. Sie sollen hier nicht wiederholt werden.

Interessant, weil für am Vorgang Unbeteiligte neue Inhalte kamen, waren die Beiträge von Barbara Lison, Direktorin der Bremer Stadtbibliothek, von Jörg Heyne, kaufmännischer Leiter der Herkuleskeule und von Roland Müssig vom Hochbauamt. Letzterer legte den Stadträten noch eine Gegenüberstellung der Kosten für den Umbau des Kulturpalastes einerseits und die mit einer zusätzlichen Errichtung eines neuen Konzerthauses andererseits auf die Plätze. Das wäre in Vorbereitung der Sitzung sicher günstiger gewesen.

Auch in Bremen wurde die Bibliothek an einen zentralen Ort verlegt. Es gab nicht nur bedeutend mehr Nutzer als in der Vergangenheit. Auch gab es ein positives Gefühl in der Stadtbevölkerung, die das als Kulturinvestition für sie und nicht vorrangig für den Tourismus empfand. So zumindest Frau Lison aus Bremen.
Für mich unverständlich ist, warum sich der Direktor der Stadtbibliothek Dresden sowenig in die öffentliche Debatte einbringt. Einerseits besteht dann – und gerade auch in Dresden – immer die Gefahr, dass Vorhaben zerredet werden, noch ehe sie angegangen werden können.  Andererseits könnten so durch sachliche Informationen und damit Erkenntnisgewinn Zuspitzungen in der Debatte vorgebeugt werden.

Das wurde in der Anhörung zum Beispiel deutlich, als nach Synergieeffekten zwischen Orchester und Bibliothek gefragt wurde, nach dem großen Vorteil des S-Bahn-Anschlusses der Bibliothek im WTC und den möglichen Deckenbelastungen. Die intelligenten Antworten mehrerer Experten auf die offensichtlich mit ablehnender Einstellung zum Umbau des Kulturpalastes gestellten Fragen der LINKEN brachte jedenfalls wiederholte laute Heiterkeit im Saal.

Was für die Beteiligung der Bibliothek an der Diskussion gilt, gilt leider auch für die Herkuleskeule.

Auch „Die Keule“ muss sich bald ein neues Domizil suchen, weil die Betriebsgenehmigung 2012 ausläuft. Außerdem ist der gegenwärtige Standort reichlich ungünstig. Man muss sie schon kennen und bewusst aufsuchen. „Aus Versehen“ kommt dort keiner hin. Laufkundschaft erhöht den Bekanntheitsgrad – auch das ein Aspekt, der in der öffentlichen Aussprache nicht vorkommt. Und ja nicht nur für die Herkuleskeule gilt. Dass die Dresden-Information und die Ticketcentrale gleichfalls im Haus ist – ist sicher für alle Insassen des Kulturpalastes kein Nachteil.

Beim Vortrag von Herrn Rüdiger von der IG Konzerthaus blieben viele Fragen offen. So auch die, warum die Initiative auf die Gründung einer Stiftung zum „Einsammeln“ von 40 Mio. Euro erst jetzt kurz vor knapp kommt. Auf andere einreden und auf den Staat (Land und Stadt) ist eben einfacher. Dabei wurde von ihnen doch selbst das Vorbild Frauenkirchen-Stiftung beschworen. Und die Debatte um das Konzerthaus wird schon viele Jahre geführt …

Zum Schluss sei erwähnt, dass die Stadtverwaltung eine Broschüre „Unser neuer Kulti“ auslegte, die unter http://www.dresden.de/media/pdf/kulturamt/Fragen_Antworten_Kulturpalast.pdf  erhältlich ist. Leider ist sie meines Erachtens im Ton völlig misslungen. Und einen Sinn ergibt sie erst so richtig, wenn man auch die Seiten www.dresden.de/kulturpalast dazu betrachtet.

Obwohl die Stimmung auf der Empore des Sitzungssaales etwas anderes vermuten ließ – ich bin überzeugt, dass ein Umbau des Kulturpalastes in der jetzt geplanten Variante von der Mehrheit der Dresdner mitgetragen wird. Es muss ja seinen Grund haben, warum trotz monatelanger Sammelaktion nicht mal 20 000 Unterschriften zusammenkamen, die das ablehnen. Und von den Initiatoren LINKE und SPD wurde ein Bürgerbegehren gar nicht erst versucht ….

Anke Wendrich

1 Kommentar:

  1. Es ist gut, von sachkundigen Augenzeugen zu lesen, wie es war. Danke - Anke! Und mehr davon bitte von allen (!) SACHKUNDIGEN und AUGENZEUGEN.

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